Die Bau-ARGE / ARGE Vertrag

Häufig werden im Bereich des Baugewerbes Bauleistungen als Bietergemeinschaft angeboten, wobei sich die einzelnen Firmen zu einem gemeinsamen Handeln verpflichten. Bei Gründung einer Bietergemeinschaft vereinbaren die Gesellschafter die wechselseitige Verpflichtung zum späteren Abschluss eines ARGE-Vertrages. Die Vertragsschließenden müssen eine Übereinkunft dahingehend erzielen, dass die wesentlichen Inhalte der Verpflichtungen festgelegt sind. Haben die Beteiligten eine solche Einigung erzielt, kann notfalls auf Abschluss eines ARGE-Vertrages geklagt werden, wenn sich einzelne Gesellschafter vertragswidrig verhalten. Mit Abschluss des Hauptvertrages erlischt die Vorgesellschaft. Ein etwa bestehendes Gesamtheitsvermögen geht, ohne dass es hierzu einer besonderen Erklärung bedurfte, auf die ARGE über.

In der Praxis haben sich unterschiedliche Ausformulierungen von Arbeitsgemeinschaften gebildet:

 

Horizontale-ARGE

Bei der sogenannten horizontalen ARGE stellen die Gesellschafter Beitragsleistungen in Form von Personal, Geräte, Stoff etc. bereit, um die Gesellschaft in die Lage zu versetzen, die Ausführung der beauftragten Leistung zu erbringen. Diese ARGE bildet ein eigenes Gesellschaftsvermögen. Auftragnehmer des Vertrages ist die ARGE selbst, die die Bauleistungen erbringt. Es handelt sich hierbei um eine gemeinschaftliche Bauleistung der Gesellschafter, in der jeder Gesellschafter verschiedene Arten von Leistungen erbringt. In Abgrenzung dieser Dach-ARGE werden im Gesellschaftsvertrag genaue Beteiligungsquoten geregelt.

 

Dach-ARGE

Bei einer Dach-ARGE schließen sich mehrere Unternehmen zusammen, um gemeinsam für einen Auftraggeber eine Leistung auszuführen. Hierbei werden die Leistungen in einzelne Lose aufgeteilt, zu deren Erbringung sich die Gesellschafter gegenüber der ARGE als Nachunternehmer verpflichten. Die jeweiligen Gesellschafter werden aufgrund ihrer werkvertraglichen Verpflichtungen zur Ausführung von jeweiligen Teilleistungen als Nachunternehmer der Einzellose keine weiteren Beitragsleistungen erbringen. Die abgegrenzten Leistungssegmente werden von der Dach-ARGE auf der Basis von Subunternehmerverträgen an die einzelnen ARGE-Gesellschafter beauftragt. Dies bedeutet, dass alle Bauleistungen durch den einzelnen ARGE-Partner als Subunternehmer der Dach-ARGE erbracht werden. In der Regel erbringt die Dach-ARGE hier keine eigenen Bauleistungen, sondern ggf. Planungs- und Koordinierungsleistungen. Die jeweiligen Einnahmen werden demjenigen Gesellschafter zugeschlagen, in dessen Einzellos die Leistung fällt. Bei dem Dach-ARGE-Vertrag besteht Besonderheit hinsichtlich der von den Gesellschaftern zu erbringenden Sicherheiten gegenüber der Dach-ARGE und dem Auftraggeber.

 

Los-ARGE

Die Los-ARGE ähnelt der Dach-ARGE. Die Dach-ARGE überträgt Teile der zu erbringende Leistung nicht an einzelne Gesellschafter, sondern im Wege des Subunternehmervertrags auf mehrere Gesellschaften, die ihrerseits eine ARGE bilden, eine sogenannte Los-ARGE.

 

Innen-ARGE

Eine Innen-ARGE liegt vor, wenn sich ein Dritter an einem Anteil eines Gesellschafters beteiligt, ohne dass diese Beteiligung nach außen in Erscheinung tritt. Der Dritte hält lediglich eine Beteiligung, ohne dass ein Gesamtheitsvermögen oder eine gesamtschuldnerische Haftung entsteht.

Von seiner Rechtsnatur ist eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder eine offene Handelsgesellschaft. Inhaber der Vergütungsansprüche für die von der ARGE erbrachten Leistungen ist deshalb die ARGE selbst. Dies ist auch dann der Fall, wenn im Vertrag mit dem Auftraggeber vereinbart ist, dass der Auftraggeber schuldbefreiend an einen der ARGE-Gesellschafter leisten darf und dieser im Innenverhältnis der ARGE als Generalunternehmer zu qualifizieren ist. Hieraus folgt, dass die Vergütungsforderung im Verhältnis zum Auftraggeber nicht im vertretungsberechtigten Mitglied der ARGE, sondern weiter der ARGE selbst, dem Verband ihrer Mitglieder, mittelbar also diesen gemeinschaftlich zusteht. Dies bedeutet, dass im Aktivprozess nur die ARGE selbst aktiv legitimiert ist; eine gewillkürte Prozessstandschaft durch die geschäftsführenden Gesellschafter der ARGE ist – wie auch bei der OHG anerkannt – nicht zulässig.

Da die ARGE auch im Passivprozess parteifähig ist, können Gewährleistungs- und Schadensersatzklagen gegen die ARGE unmittelbar geführt werden. Weil die ARGE zumeist nicht über ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen verfügt, wird der Auftraggeber regelmäßig seine Klage zur Erreichung der Mithaftung der ARGE-Gesellschafter nicht nur gegen die ARGE, sondern darüber hinaus auch gegen ihre Gesellschafter richten (§§ 128, 129 HGB). Anlass hierzu besteht vor allem auch deshalb, weil der Auftraggeber nicht imstande ist, einen gegen die ARGE erstrittenen Zahlungstitel zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auf die ARGE-Gesellschafter umschreiben zu lassen. Soweit eine Klage gegen die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit anhängig ist, kann diese ohne hiermit eingehende Klageänderung auf die parteifähige ARGE umgestellt werden.

Wir sind spezialisiert auf Rechtsprobleme, die innerhalb der ARGE-Partner bzw. auch gegenüber Dritten entstehen.

 

Rechtsprechung zum ARGE-Vertrag

OLG Hamm, 07.06.2019: Dauer einer Durchsetzungssperre eines Gesellschafters gegen die Dach-ARGE

OLG Frankfurt, 25.04.2013: Inhaber von Vergütungsansprüchen beim ARGE-Vertrag

BGH, 23.10.2006: Ausgleichsansprüche auch ohne Auseinadersetzungsbilanz

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