OLG Schleswig: Geschuldeter Schallschutz bei Installation einer Lüftungsanlage

Haben die Parteien ausdrücklich keine Beschaffenheit hinsichtlich des einzuhaltenden Schallschutzes vereinbart, so ergibt sich regelmäßig die Auslegung des Vertrages aus den Gesamtumständen. Denn ein Unternehmer verspricht dem Bauherrn stillschweigend mindestens, dass das zu erstellende Werk die Regeln der Technik einhält. Für die Frage, welcher Schallschutz bei der Errichtung einer Wohnung geschuldet ist, kommt es maßgeblich auf das Vorstellungsbild der Parteien vom Bauwerk an. Es sind nicht in jedem Fall die Mindestanforderungen an den Schallschutz nach DIN 4109 entscheidend, die im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Bauordnungsrechtes zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben zu berücksichtigen sind. Besondere Qualitätsanforderungen können sich nicht nur aus dem Vertragstext, sondern auch aus erläuternden und präzisierenden Erklärungen der Vertragsparteien, sonstigen vertragsbegleitenden Umständen, den konkreten Verhältnissen des Bauwerkes und seines Umfeldes, dem qualitativen Zuschnitt, dem architektonischen Anspruch und der Zweckbestimmung des Gebäudes ergeben. In aller Regel wird ein Bauherr bei einer Ausführung erwarten, die einen üblichen Qualitäts- und Komfortstandard entspricht. Haben die Parteien einen üblichen Qualitäts- und Komfortstandard vereinbart, so muss sich das einzuhaltende Schalldämm/-maß an dieser Vereinbarung orientieren. Insoweit können aus den Regelwerken die Schallschutzstufen II und III der VDI-RL 4100 oder das Beiblatt 2 zur DIN 4109 Anhaltspunkte ergeben. Nach § 133, 157 BGB bedarf die Vereinbarung eines erhöhten Schallschutzes keiner ausdrücklichen Vereinbarung, sondern kann sich aus den Umständen ergeben. Es liegt ein Mangel der Lüftungsanlage im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB vor, wenn sie den nach dem Vertrag festgelegten Schallemissionswert nicht einhält. Der einzuhaltende Wert von 30 dB(A) darf bei einem Normalbetrieb der Anlage nicht überschritten werden. Hierbei ist auf den Luftvolumenstrom im Normalbetrieb abzustellen.

(OLG Schleswig, Urteil vom 25.08.2023 – 1 I 85/21)

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