Voraussetzung eines Direktanspruches gegen die Betriebshaftlichtversicherung bei Insolvenz des Auftraggebers
Aufgrund des im Haftpflichtversicherungsrecht herrschenden Trennungsprinzips besteht im Regelfall kein Direktanspruch des geschädigten Auftraggebers gegen die Haftpflichtversicherung des Auftragnehmers. So kann der Auftraggeber etwa wegen Schäden aufgrund mangelhafter bituminöser Dampfschichten und deren Folgeschäden im gesamten Dachaufbau eines Flachdaches nicht gegen den Versicherer des Dachdeckers direkt geltend machen.
Wird über das Vermögen des Auftragnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der geschädigte Auftraggeber wegen des gegen den Auftragnehmer zustehenden Anspruchs auf abgesonderte Befriedigung aus dem Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers verlangen. Der geschädigte Auftraggeber kann die Haftpflichtversicherung des Auftragnehmers ohne Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruches unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen. Voraussetzung für eine unmittelbare Inanspruchnahme des Versicherers ist es aber, dass der Haftpflichtversicherungsanspruch des geschädigten Auftraggebers festgestellt und der Entschädigungsanspruch fällig geworden ist. Eine Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters genügt hierzu nicht. Diese bezieht sich in der Regel lediglich auf den Absonderungsanspruch des Geschädigten und ist nicht gleichbedeutend mit einer unter Umständen zu einem Direktanspruch gegen den Versicherer führenden Anerkenntnisses eines Haftpflichtanspruches im Sinne von § 106 Abs. 1 VVG. Nach § 106 Satz 1 VVG ist der Anspruch des 3. mit bindender Wirkung für die Versicherung durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich festzustellen. Der Versicherer hat gegen den Versicherungsnehmer dann vom Anspruch des Dritten freizustellen. Da der Geschädigte durch § 110 VVG keine weitergehende Rechtsstellung als der Versicherungsnehmer erlangt, tritt die Fälligkeit des Freistellungsanspruches erst ein, wenn der Haftpflichtanspruch des Geschädigten gemäß § 106 Satz 1 VVG festgestellt worden ist. Regelmäßig ist allerdings die widerspruchslose Feststellung des Haftpflichtanspruches zur Tabelle als ein Anerkenntnis im Sinne des § 106 Satz 1 VVG zu sehen. Jedenfalls reicht die Anmeldung zur Tabelle bzw. die Freigabeerklärung des Deckungsanspruches nicht für einen Direktanspruch gegen den Versicherer aus.
(BGH, Urteil vom 10.03.2021, IV ZR 309/19)