Unwirksamkeit des Eigengebots des Vollstreckungsgläubigers

Das Eigengebot eines Gläubigervertreters ist unwirksam und zurückzuweisen, wenn er von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstückes interessiert ist, sondern das Gebot nur abgibt, damit in einem weiteren Versteigerungstermin einem anderen den Zuschlag auf ein Gebot unter der 7/10 oder unter der Hälfte des Grundstückswerts erteilt werden kann.

Gebote, die unter der Hälfte des Grundstückswertes liegen, sind nicht allein aus diesem Grund unwirksam. Sie könnten nicht nach § 71 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen werden. Auf solche in dem ersten Verhandlungstermin abgegebenen Gebote kann jedoch der Zuschlag nicht erteilt werden; er ist zwingend zu versagen (§ 85 a I ZVG). Erst wenn in einem weiteren Versteigerungstermin ein unter dem Mindestgebot nach § 85 a I ZVG liegendes Meistgebot abgegeben wird, kann der Zuschlag nicht erneut allein deshalb versagt werden, weil das Gebot nicht die Hälfte des Grundstückswertes erreicht (§ 85 a II 2 ZVG).

Ein unter dem Mindestgebot liegendes Gebot ist auch nicht unwirksam, wenn es der an dem Erwerb des Grundstücks interessierte Bieter in der ausschließlichen Absicht abgibt, einen weiteren Versteigerungstermin zu erreichen, um dann den Zuschlag auf sein weiter unter dem Mindestgebot liegendes Gebot zu erhalten. Ein Bieter, der ein wirksames Gebot abgibt, ist nicht verpflichtet, sein Interesse an einem möglichst preiswerten Erwerb des Grundstückes hinter das gegenteilige Interesse des Schuldners zurücktreten zu lassen.

Das allein zur Herbeiführung der Versagung des Zuschlages und eines weiteren Versteigerungstermins abgegebene Gebot eines an dem Erwerb des Grundstückes interessierten Bieters ist kein Scheingebot. Der Bieter gibt ein wirksames Gebot ab, um die gewünschte Rechtsfolge zu erreichen. Die Anwendung der § 116 ff. BGB scheidet deshalb von vornherein aus.

Schließlich ist die Abgabe eines solchen, auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Gebots nicht rechtsmissbräuchlich. Der Bieter nimmt die von dem Gesetz (§ 85 a I und II ZVG) eröffnete Möglichkeit war, dass Grundstück an einer Versagung des Zuschlages in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Grundstückswertes ersteigern zu können.

Das alles gilt jedoch nicht, wenn der Bieter von vornherein nicht an dem Erwerb des Grundstücks interessiert ist. In diesem Fall ist sein Gebot unwirksam. Das Gebot in einer Zwangsversteigerung ist eine auf den Erwerb des Grundstücks durch staatlichen Hoheitsakt (Zuschlag) gegenüber dem Vollstreckungsgericht abzugebende Willenserklärung. Danach sind solche Gebote, mit denen der Bieter nicht die Erteilung des Zuschlages, auch nicht in einem weiteren Versteigerungstermin für weniger als die Hälfte des Verkehrswertes erreichten will, sondern in Wahrheit andere Zwecke verfolgt, kein Gebot im Sinne der Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes. Auf sie kann der Zuschlag weder erteilt noch kann er versagt werden. Sie sind vielmehr nach § 71 Abs. 1 ZVG wegen Unwirksamkeit zurückzuweisen.

(BGH, Beschluss vom 24.11.2005 – V ZB 98/05)

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