Gewährleistung (Mängelrechte)

Die Frage, ob der Werkunternehmer/Bauunternehmer seine Leistung ordnungsgemäß erfüllt hat oder nicht, kommt es darauf an, ob die Beschaffenheitsvereinbarung erfüllt oder verfehlt worden ist (§ 633 Abs. 2 BGB). Ist die Beschaffenheitsvereinbarung nicht erfüllt, schließen sich daran die in § 634 BGB aufgeführten Mängelansprüche an. Ein Werkmangel liegt bereits dann vor, wenn die Bauleistung von der vertraglich vereinbarten und damit geschuldeten Beschaffenheit abweicht. Auf die Frage der Funktionstauglichkeit kommt es dann nicht mehr an. Erbringt beispielsweise der Estrichleger in den verbauten Estrich abweichend von den vertraglichen Vereinbarungen keine Stahldrahtfasern zur Bewehrung ein, begründet dies bereits einen Mangel des Werkes, unabhängig davon, ob der Estrich funktionstauglich ist (OLG Schleswig vom 02.12.2020, 12 U 66/20).

Nach § 633 Abs. 1 BGB bzw. § 13 Abs. 1 S. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer das Werk frei von Sachmängeln herzustellen. Vor Abnahme des Werkes gilt im BGB, dass der Auftraggeber gemäß §§ 641 Abs. 3, 632a Abs. 1 S. 2 BGB vom Zurückbehaltungsrecht am Werklohn Gebrauch machen kann. Mängelrechte können in der Regel erst nach Abnahme geltend gemacht werden. Vor der Abnahme können diese grundsätzlich geltend gemacht werden, wenn die Erfüllung nicht mehr in Betracht kommt oder der Auftraggeber dies verweigert.

Solange das Werk nicht abgenommen ist, hat der Besteller Rechte aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht.

    • Schadenersatzansprüche neben der Leistung, § 280 Abs. 1 BGB
    • Schadensersatz statt Leistung, §§ 280 Abs. 3, 281 BGB
    • Schadensersatz wegen Verzug, §§ 280 Abs. 2, 286 BGB
    • Rücktritt gemäß § 323 BGB
    • Mängelrechte nach Abnahme bestehen gemäß § 634 BGB (im Bauträgerrecht § 650u BGB)
    • Nacherfüllung
    • Selbstvornahme und Aufwendungsersatz
    • Rücktritt oder Minderung
    • Ersatz von Schäden und frustrierten Aufwendungen

Die Nacherfüllung ist vorrangig. Das Recht zur Selbstvornahme, Aufwendungsersatz, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz sind nachrangig. D. h. diese entstehen erst, wenn der Auftraggeber mit der Nacherfüllung in Verzug ist oder die Nacherfüllung ernsthaft verweigert.

Gemäß § 634a BGB beträgt die Verjährung für Gewährleistungsmängel bei einem Bauwerk 5 Jahre. Abweichend hiervon regelt § 13 Nr. 4 Abs. 1 und 2 VOB/B die Regelfrist für Bauwerke 4 Jahre. Für Arbeiten am Grundstück, Teile von Befeuerungsanlagen etc. gelten geringere Gewährleistungsfristen.

 

Der Anspruch des Auftraggebers auf Mängelbeseitigung kann durchgesetzt werden

    • durch Klage auf Mängelbeseitigung
    • durch Ersatzvornahme nach erfolgter fruchtloser Aufforderung zur Mängelbeseitigung
    • durch Kostenvorschussklage in Höhe der voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung

 

Rechtsprechungsübersicht

OLG Saarbrücken, 30.07.2020: Schallschutz beim Fertighaus

OLG München, 08.08.2019: Fehlendes brandschutztechnisches Zertifikat als Mangel

BGH: Schadenersatzpflicht des Bauunternehmers ohne Fristsetzung des Bestellers

LG Heilbronn, 10.10.2007: Nichtzertifizierter Epoxidharz im Trinkwasser

OLG Düsseldorf, 19.06.2007: Fehlende Verantwortlichkeit für Mängel

OLG Karlsruhe, 27.04.2006: Mangelhafter Estrich

OLG Bamberg 06.10.1999: Fertighaus Formaldehyd

 

 

 

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